Die Autorin Sabine Fels hatte mit ihrem Gedicht „Strom der Zeit“ am Schreibwettbewerb “Reise ins Ungewisse” teilgenommen und damit den ersten Platz belegt.
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Strom der Zeit
langsam ziehen die Wolken vorüber
noch nicht einmal die Sterne bleiben
die Augenblicke meines Lebens fließen
unaufhaltsam in den Strom der Zeit
mal bin ich wie ein Feuersturm
von dem nur Asche bleibt im Wind
die Zeugnis gibt von der Hitze
grenzenloser Leidenschaften
mal bin ich wie ein träger Fluß
den die Landschaft vor sich herschiebt
mit Uferbäumen im Nirgendwo
und zarten Zweigen in meinem Gesicht
bin selbst der ewige Strom der Zeit
der sich einzig wünscht aufzuwachen
um einmal Stein zu denken und stillzuliegen
um einmal Vogel zu fühlen und zu fliegen
um einmal – einmal nur
nicht mehr Funke zu sein
sondern heller Lichterschein
in der Mitte meines Lebens
in der Mitte meines Lebens
hat sich der Same längst gesetzt
in den tränendurchtränkten Grund
wo die Wünsche ihre Wurzeln treiben
den zarten Keim kann ich nicht finden
längst wächst hier der Ahornbaum
der bittend seine grünen Hände
sehnend hoch zum Himmel hält
schon weht der erste Wind des Herbstes
der die Früchte zum Erzittern bringt
diese Schwankenden – diese Unerlösten
öffnen sich vertrauensvoll im freien Fall
rund wie eine Kugel
das Wurzelnschlagen in der Erde
richtet meine Wirbelsäule auf
Spannungen im Körper lösen sich
wie Salz im sprudelnden Wasser
der Strom des Atems
bewegt die Wellen der Gedanken
auf dem Ozean des Geistes
bis die Sinne in den Grund sinken
Aufmerksamkeit ist wie ein Licht
das im Dunkel der Konflikte
alle Gegensätze zusammenführt
und mit Wohlwollen verbindet
alles findet seinen Platz
im weiten Raum des Herzens
wo der Ton der Stille
die Rose zum Erblühen bringt
in leuchtenden Spiralen
steigt die Energie des Lebens auf
und schenkt ihren Duft dem Raum
durchströmt die Welt mit ihrem Sinn
rund wie eine Kugel
rolle ich über die Straße des Lebens
nicht von dieser Welt
ich lebe gern in dieser Welt
in der Licht und Schatten wechseln
mit den Wolken im Wind
mit meinen Gedanken die mich formen
und meinen nächsten Schritt
auf dem Weg ins Unbekannte bestimmen
mit meinen Gefühlen die mich bewegen
mich in Angst und Trauer beugen
oder in Liebe und im Frieden mein Herz erheben
mit meinem Körper der mein Zuhause ist
mit dem ich liegen sitzen stehen und tanzen kann
auf dem festen Boden der Realität
mit meinem ganzen Sein
umhülle ich das Geheimnis des Lebens
und finde es in meinem innersten Herzen
mit ausgebreiteten Armen stürze ich hinein
in das Namenlose
das mich so unendlich liebt
der Boden wirkt
der Boden wirkt
in den Körper hinein
und setzt seine Samen
nicht nur in Gelenken
die aufblühen wie die der Mohn
der Boden wirkt
lässt Sehnsuchtswurzeln wachsen
bis in mein Gesicht
dass fein durchschienen und liniert
den Lauf der Zeit bespiegelt
der Boden wirkt
durch das Haus des Körpers
und weckt den Himmel
der mit seiner atmenden Weite
den Füßen Tanzraum schenkt
© 2003 by Sabine Fels
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